FARBKORREKTUR (4) - FILMREIFE FARBEN DURCH POSTPRODUKTION

Datum: 15. Dezember 2010 --- Autor: Daniel Kosig (Regie & Postproduktion)

Im vierten Teil unserer Artikelreihe über die Farbkorrektur vertiefen wir uns weiter in das Thema "Film-Look" und klären im Detail, wie die Postproduktion ihren Beitrag für ein kinoreifes Endprodukt liefern kann, selbst wenn das Rohmaterial digital aufgenommen wurde und nicht auf echtem Filmmaterial. Wenn Sie die vorangegangenen Teile noch einmal lesen möchten oder dies noch nicht getan haben, können Sie es hier nachholen:

Farbkorrektur (1) - Warum sie Sinn macht
Farbkorrektur (2) - Die Macht der Farben
Farbkorrektur (3) - Großes Kino: Auf dem Weg zum berühmten "Film-Look"

Wie schon im zweiten Artikel der Reihe sehen wir uns zuerst ein Bild aus dem Rohmaterial unseres Musikvideos "Rise" an - diesmal allerdings mit der Intention, Schritt für Schritt jede Veränderung nachzuvollziehen, bis wir das Ziel "Film-Look" erreicht haben. Grundlegende Kenntnisse über die Postproduktions-Software Adobe After Effects werden vorausgesetzt, zusätzliche Plug-Ins benötigen wir an dieser Stelle allerdings nicht.

Erste Korrektur von unerwünschten Helligkeitswerten

Bild 1 (unten) zeigt das bereits erwähnte Rohmaterial des Musikvideos. Um die Aufnahme mit der Stimmung des Songs in Einklang zu bringen, zielen wir mit unseren Maßnahmen auf eine kalte und düstere Farbkorrektur ab. Der erste Schritt (er könnte allerdings auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen) ist die Veränderung der Helligkeitswerte - der Hintergrund wirkt für unseren angestrebten Look noch zu freundlich.

Dies können wir durch eine so genannte Vignettierung beheben, in der wir die nicht relevanten Randbereiche des Bilds abdunkeln. Hierfür erstellen wir in After Effects über unserem Rohmaterial eine neue Einstellungsebene und versehen sie mit dem Effekt "Belichtung" (Effekte -> Farbkorrektur -> Belichtung), wobei der Parameter "Master -> Belichtung" auf einen negativen Wert gestellt wird.

Die Auswirkung ist sofort sichtbar: Das gesamte Bild wurde abgedunkelt. Da wir nur auf die Randbereiche einwirken wollen, erstellen wir eine neue Ebenenmaske mit der wir den Einflussbereich unserer Farbkorrektur definieren können (Bild 2 oben). Um den Bereich zu nutzen, der außerhalb des gelben Rahmens liegt, setzen wir in den Einstellungsparametern der Ebene im Bereich "Masken -> Maske 1" ein Häkchen im Feld "Umgekehrt". Da die Maskierung noch als unschöne scharfe Trennlinie zwischen dem natürlichen und dem abgedunkelten Bereich zu sehen ist, stellen wir den Parameter "Weiche Maskenkante" auf einen Wert, der über 50 liegen sollte. Nun wirken die Schattenbereiche nicht mehr unnatürlich (Bild 3 oben).

Angleichen verschiedener Lichttemperaturen

Der nächste Schritt wird nur bei Bedarf angewendet: Wenn das Rohmaterial bei gleichzeitiger Verwendung von Tageslicht und Kunstlicht entstanden ist, werden deren verschiedene Lichttemperaturen in Form von rot- oder blaustichigen Bereichen sichtbar. Ist dieser Effekt in der Konzeption nicht vorgesehen, sollte er korrigiert werden. In Fall unseres Musikvideos werden die beiden Gesichter der Darsteller von unterschiedlichen Lichtquellen angestrahlt und weisen deshalb verschiedene Hautfarben auf. Hier hilft uns After Effects mit den Einstellungsmöglichkeiten des Effekts "Farbton / Sättigung" (Effekte -> Farbkorrektur -> Farbton / Sättigung), die wir im Bild 1 (unten) sehen können. Für die Anwendung des Effekts erstellen wir wieder eine neue Einstellungsebene, auf der er platziert wird.

Den Parameter "Kanalsteuerung" stellen wir auf "Rot", da wir nur auf die rötlichen Hautfarben zugreifen wollen. Mit den Schiebereglern unter "Kanalbereich" können wir unseren Auswahlbereich im Farbspektrum noch genauer definieren. Mit dem Parameter "Rot: Farbton" lassen sich die ausgewählten Rottöne beliebig in andere Farbbereiche verschieben, Rot wird also beispielsweise zu Gelb. "Rot: Sättigung" und "Rot: Helligkeit" verändern genau die Bereiche, die man an Hand ihrer Bezeichnung vermuten könnte. Da sich unsere Einstellungen zu einem gewissen Grad auch auf das Gesicht des zweiten Darstellers auswirken und wir auf diese Weise unser Problem mit den verschiedenen Hautfarben nicht beheben können, kommt auch hier wieder eine Ebenenmaske zum Einsatz (Bild 2 oben). In der fertigen Korrektur ist zwischen den Darstellern kein farblicher Unterschied mehr zu erkennen (Bild 3 oben).

Anmerkung: Man hätte natürlich auch die Farben im Gesicht der weiblichen Darstellerin verändern können, statt es bei ihrem männlichen Partner zu tun. Da ich im weiteren Verlauf der Farbkorrektur für das Musikvideo die Hauttöne aber farblich etwas vom Hintergrund lösen möchte, habe ich mich für diese Variante entschieden und so einen deutlicheren Farbunterschied zwischen den Darstellern und den Räumlichkeiten erhalten.

Veränderung des gesamten Farbeindrucks

Nun geht es richtig los mit der Farbkorrektur unseres Musikvideos, im nächsten Schritt werden wir dem Ziel "Film-Look" ein großes Stück näher kommen. Als erstes erstellen wir erneut eine weitere Einstellungsebene und platzieren auf ihr den Effekt "Kurven" (Effekte -> Farbkorrektur -> Kurven), den wir auf Bild 1 (unten) sehen können. Der diagonale Graph stellt dabei die Intensität der Farbwerte dar, von dunkel (links) bis hell (rechts).

Diesen Graph können wir beeinflussen: Wird er links nach oben gezogen, verstärken wir beispielsweise die Farbwerte in den dunklen Bildbereichen, wird er rechts nach unten gezogen, schwächen wir die Farbwerte in hellen Bildbereichen ab. Mit dem Parameter "Kanal" können wir einstellen, ob dabei auf das gesamte Bild oder nur einen einzelnen Kanal (Rot, Grün, Blau oder Alpha) zugegriffen werden soll. Bild 2 (oben) zeigt exemplarisch die Veränderung des Rot-Kanals. Die Bilder 3, 4 und 5 (oben) zeigen die Auwirkungen auf unser Musikvideo, wenn auf diese Weise nacheinander der Rot-Kanal stark abgeschwächt, der Grün-Kanal leicht abgeschwächt und der Blau-Kanal leicht verstärkt werden. Abschließend wurden die Rottöne für das gesamte Bild mit "Farbton / Sättigung" etwas entsättigt und noch ein leichter Cyan-Filter (Effekte -> Farbkorrektur -> Fotofilter) angewendet, um den verbliebenen Gelbtönen auf der Haut der Darsteller entgegenzuwirken (Bild 6).

Anmerkung: Den Modus dieser Farbkorrektur-Ebene habe ich von "Normal" auf "Farbe" umgestellt. Dies hat zur Folge, dass sich die Korrektur alleine auf die Farbtöne auswirkt und nicht auf die Helligkeitswerte unseres Materials. Bei aggressiven Korrekturen von farblich komprimiertem Ausgangsmaterial kann so zudem die sichtbare Artefaktbildung abgeschwächt oder sogar verhindert werden.

Abschließende Feinabstimmung der Farbkorrekur

Der fertige Film-Look ist jetzt zum Greifen nahe. Ein letzter Schritt fehlt noch, also heißt es ein weiteres Mal: Neue Einstellungsebene erstellen (diesmal wieder im Modus "Normal"). Die letzte Ebene nutzen wir erneut für die Effekte "Farbton / Sättigung" und "Kurven", diesmal allerdings auch, um die Helligkeitswerte der Aufnahme zu optimieren.

Mit "Farbton / Sättigung" werden die Rottöne in den Gesichtern sowohl entsättigt, als auch aufgehellt, um besser in die geisterhafte Szenerie des Musikvideos zu passen. Mit den "Kurven" beeinflussen wir diesmal das gesamte Bild, stellen den Parameter "Kanal" also auf "RGB".

An dieser Stelle ist es sinnvoll, abzuschweifen und sich kurz Gedanken zu machen, welche Charakteristiken echtes Filmmaterial im Gegensatz zu digitalem Video bezüglich seines Kontrastumfangs aufweist, da wir diese Charakteristiken ja imitieren wollen. Kurz Gefasst: Film besitzt einen höheren Kontrastumfang - sowohl in den dunklen, als auch in den hellen Bildbereichen sind also mehr Details zu erkennen, als es beim Digitalvideo der Fall ist.

Dies gibt uns vor, wie wir in After Effects mit dem Effekt "Kurven" die Helligkeitswerte unserer Aufnahme feinabstimmen. Wenn wir die Tiefen leicht nach unten ziehen und die Höhen leicht nach oben (Bild 1), ergibt sich ein ähnlicher visueller Eindruck wie beim Film. Allerdings nur, wenn wir darauf achten, dass weder die hellen Bildbereiche ausbrennen (also als rein weiße Pixel dargestellt werden), noch die dunklen Bildbereiche in purem Schwarz "ertrinken". Bleiben wir diesen Vorgaben treu, halten wir nun unser finales Ergebnis in Händen: Ein Musikvideo (oder Spielfilm oder Werbefilm oder... je nachdem, was Sie bearbeiten) im Film-Look (Bild 2 oben). Als direkte Vergleichsmöglichkeit gibt es in Bild 3 (oben) noch einmal die ursprüngliche Originalaufnahme zu sehen.

Die unbegrenzten Möglichkeiten der Farbkorrektur

Damit kommt unsere Artikelreihe über Sinn, Einfluss und Vorgehensweise der Farbkorrektur zu ihrem Ende. Natürlich war speziell dieser letzte Teil nur ein Beispiel - jede Filmproduktion bringt ihre eigenen Anforderungen mit sich und muss dementsprechend farblich bearbeitet werden. Die Möglichkeiten der Farbkorrektur sind dabei noch viel größer, als sie ein Blogeintrag vermitteln kann. Ein Programm wie Adobe After Effects lässt sich von interessierten Nutzern auch um einige sinnvolle Plug Ins ergänzen, welche die Arbeit erleichtern oder zusätzliche Funktionen bieten. Frischluft Fresh Curves und Magic Bullet Looks seien an dieser Stelle exemplarisch genannt. In diesem Sinne wünschen wir viel Spaß und Erfolg beim Experimentieren mit der Macht der Farben.

Bei Fragen oder Interesse an einer Zusammenarbeit nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf, wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.


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